Die älteste Herberge und Schänke der Stadt Quakenbrück
So wird dieses Haus von Historikern beschrieben, gehört zu den ältesten Häusern der Stadt. Gleichzeitig ist dieses Haus das älteste zweigeschossige Fachwerkhaus im Umkreis von 40 km.


Das Haus ,,Anno 1510" hat sowohl bauhistorischen als auch stadthistorischen Wert.
Eine archäologische Untersuchung ergab einen kleinen Einblick in die Stadtgeschichte.


 Erstmalig 1583 urkundlich erwähnt, gaben die Burgmannen der Stadt Quakenbrück der Bürgerin ,,Alheit Kremers“ die Erlaubnis, eine ,,Herberge for wechfertige frombde Lude“ an dieser Stelle zu betreiben. Die Quakenbrücker Kirmes erfuhr in dieser Zeit steigende Beliebtheit wodurch der Bedarf wuchs, Reisende zu beherbergen.


Über Jahrzehnte waren Bäckereibetriebe ansässig. Bei begonnenen Arbeiten wurden Hinweise auf eine Kaffeerösterei sowie ein Handelslager gefunden.
Zum Betrieb eines Kolonialwarengeschäftes und eines Wäschegeschäftes gibt es Zeitzeugen. In jüngerer Zeit wurde die Jahrhunderte alte Tradition einer Schänke fortgeführt.im hinteren Teil wurde die ,,Ratsschänke“ betrieben.
Im vorderen Teil gab es verschiedene Dienstleister. In den oberen Etagen befanden sich Wohnungen. 

Eine enge Zusammenarbeit mit Frau Sieve und Frau  Dreeßen von der Denkmalschutzbehörde führte u.a. dazu, dass der Dendrochronologe und Bauforscher Erhard Pressler eingeschaltet wurde. Die Zusammenarbeit funktionierte reibungslos. Es wurden sämtliche denkmalschutzrelevanten Schritte, Baufortschritte und Baumaterialien abgestimmt.

Während und nach der Entkernung ab dem Frühjahr 2014 konnten verschiedene Untersuchungen stattfinden.
Die Untersuchungen ergaben das Baujahr 1510 für den vorderen Teil.

 Mitte des 18. Jahrhunderts (1739) und Mitte des 19. Jahrhunderts (1840) wurden umfangreiche Erweiterungs-, An-, und Umbaumaßnahmen durchgeführt.

Hierbei sind unterschiedliche Fachwerkbauweisen angewandt worden die auch heute noch zu erkennen sind. Es war mir besonders wichtig, dass diese Bauabschnitte nicht nur von außen klar ersichtlich sind, sondern auch im Gebäude.
Die Position eines mittelalterlichen Rauchabzugs und Brauofens konnte bestimmt werden.
Im Verlauf der Entkernung konnte ein Riegel mit der Inschrift
((Beij der Haase  1739)) gesichert werden.
 Der Riegel dient jetzt als Sturz über dem Seiteneingang.

Im ehemaligen Treppenhaus wird ein Fenster vorgefunden welches seit Entstehung des mittleren Gebäudeteils an dieser Position eingebaut ist und Originalfarbe aus dem 19. Jahrhundert trägt. Das Fenster ist heute als Wohnungsbestandteil erhalten und weder ausgebaut noch gestrichen.
Im mittleren Teil hat es wohl im Mittelalter eine Wagendurchfahrt gegeben.
Die Ermittlung der ursprünglichen Fachwerkkonstruktion war
Grundlage für alle weiteren Maßnahmen.
Es konnte zusätzlich Anschauungsmaterial, z.B. alte Postkarten und alte Baupläne, genutzt werden.
Das Haus wurde so weit als möglich in Konstruktion und Ansicht in den Ursprungszustand versetzt.
Dabei wurde besonderer Wert darauf gelegt, so viel als möglich von altem zu erhalten. „Bausünden“, z.B. die Betonfassade oder damals moderne und große Schaufenster, wurden entfernt bzw. zurückgebaut.
Im Zuge der Maßnahmen wurde das Haus energetisch und technisch auf den neuesten Stand gebracht.
Für die zukünftige Nutzung als Herberge und Schänke wurden zwei Einzimmerappartements, eine Gastronomiefläche über das gesamte Erdgeschoß sowie zwei Wohnungen erstellt und eingerichtet.
Alle Fundamente des mittleren und hinteren Teils wurden um mind. 80 cm unterfangen.
Das bestehende Treppenhaus musste verlegt werden um alle Geschosse zentral zu erreichen, auch um den mittelalterlichen Bruchsteinkeller in der bisherigen Art erhalten zu können.
Es wurden weitere Kellerräume gebaut und dafür unter dem Haus ausgeschachtet.
So wurde Platz für die Toilettenanlage sowie zusätzliche Lagermöglichkeiten geschaffen.
Archäologen konnten dabei viele Informationen sammeln.
Ein Bodenprofil konnte entnommen werden welches heute im Keller ausgestellt ist.
Ein Lackabzug wurde gefertigt und hängt im Stadtmuseum zur Ansicht.

Im Zuge der Erweiterung wurde bei Grabungsarbeiten eine Sandsteinwand mit einfach in Lehm gelegten Steinen vorgefunden, welche die äußere Wand des mittelalterlichen Bruchsteinkellers bildete. Von innen war diese Wand nicht zu erkennen, da ein Durchgang zugemauert war.
Die lockere Sandsteinwand wurde wieder aufgebaut und hier der Durchgang zum alten Keller geschaffen.

Hand in Hand ging das Zusammenarbeiten der Zimmerleute und des Hochbauers welcher angestellte Bauhelfer einwies und führte.
Die Gefache wurden leergeräumt, die Fachwerkkonstruktion originalgetreu repariert und ausgebaute Steine gesäubert direkt wieder in die Gefache eingebaut.

Die Schaufenstersituation erforderte damals eine Stahlkonstruktion wofür alle Ständer an der Traufseite Nord-Ost und Giebelseite Ost im EG abgeschnitten wurden. Auch Kopfbänder wurden im kompletten vorderen Baukörper von 1510  entfernt.
Diese Situation wurde durch Ergänzungen und Reparaturen zurückgebaut.
Aufwendig war hier besonders die Maßnehme wegen der Geschoßbauweise.
Ständer wurden repariert, Riegel ersetzt und Kopfbänder neu gefertigt, eingepasst und eingebaut. Da nicht genügend alte Steine wegen der großen Schaufenster vorhanden waren wurden hier neue weichgebrannte Ziegel eingebaut.

Befürchtungen meinerseits bezüglich Stabilität wurden mir genommen durch die Aussage des Zimmermanns:
„Jetzt steht dieses Haus wieder so fest, wie seit 500 Jahren nicht mehr.“

Fenster, Außentüren und die ehemals vorhandene Wagendurchfahrt wurden nach Absprache und altem Anschauungsmaterial entworfen und gefertigt.
Ein glücklicher Zufall führte dazu, dass ich eine alte Außentür von 1880 bei einem Händler für antiquarisches Baumaterial fand, welche dem Original sehr ähnelte und bis auf 5 cm in das vorhandene Fachwerk am Giebel passte.
Sie wurde auf aktuellen Standard umgebaut und genau angepasst.

Im Laufe der letzten 100 Jahre wurde dieses Haus an das Nachbargebäude mit einer gemeinsamen Außenwand angebaut.
Die Gebäude wurden nun bis zum dritten Ständer an der Traufe wieder getrennt. So bekommt das Haus den ursprünglichen Charakter eines hohen schlanken Hauses zurück.

Bereits während der Einrüstung bekamen die Gefache den Kalkputz.
Die Dacheindeckung erfolgt. Danach werden Fenster und Außentüren eingebaut.

Alle Baumaterialien der Außenwände sind diffusionsoffen. Es wird im EG und OG eine Dämmung auf Vulkanaschebasis eingebaut. Als die Feuchtigkeit der Dämmung nach außen diffundiert, ,,waschen“, die Steine aus. Der Außenputz wird fleckig.
Nach der vollständigen Austrocknung gibt es dann den endgültigen Kalkanstrich.
Nun beginnt der Innenausbau.

Bezugsfertig ist das Haus seit Mitte 2017 und wird  ,,Anno 1510“ genannt.

Ich habe lange nach einem geeigneten Pächter gesucht und ihn schlussendlich gefunden.

Das Restaurant „Anno 1510“ eröffnet im Oktober 2018.

Es gibt einen kleinen Biergarten direkt gegenüber auf dem Marktplatz.
Mittelfristig werden über das Anno 1510 die beiden Appartements als Herbergszimmer angeboten. Zurzeit sind sie noch vermietet.
Eine Betreiberwohnung und eine weitere Wohnung sind vorhanden.
Eine Wohnung wird dann irgendwann eine Ferienwohnung.

Das Anno 1510 bietet die Beherbergung und gastronomische Versorgung.


So wird sie dann fortgeführt:
Die Geschichte der ältesten Herberge und Schänke der Stadt Quakenbrück.




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